
Zur Erinnerung:
Der Mensch sieht räumlich, weil die nebeneinanderliegenden Augen, jedes für sich,
gleichzeitig ein Bild sehen. Aus diesem Abstand ist das Gehirn in der Lage, einen dreidimensionalen
Eindruck zu "errechnen". Jeder Fotograf kann leicht eigene 3D-Bilder herstellen.
Benutzen Sie am Besten eine Kamera mit motorgetriebenem Filmtransport und einen Dia-Film oder eine digitale Kamera mit schnellem Aufnahmemodus. Verlagern Sie
das Gewicht auf das linke Bein und machen eine Aufnahme. Nun schnell das Gewicht auf das rechte
Bein verlagern und eine weitere Aufnahme im Augenabstand machen. Zum Ansehen dieser analogen Diafotos nehmen Sie zwei
Dia-"Guckis". Ein Gucki für das linke Auge, eines für das rechte. Wenn Sie keinen
räumlichen Eindruck erhalten, haben Sie wahrscheinlich die Bilder vertauscht, also einfach die
Guckis wechseln. Das Ergebnis ist dann jedoch außerordentlich faszinierend.
Wenn Sie Papierabzüge von den Bildern machen, brauchen Sie zum Stereosehen ein Haltegerät,
in dem Sie beide Bilder einlegen können. In der Mitte zwischen den Bildern muß eine
Trennung vorhanden sein, damit das eine Auge nicht das Bild des anderen Auges sehen kann.
Allerdings ist noch eine weitere Möglichkeit zum Ansehen vorhanden, wenn Sie gut schielen
können. Das kommt übrigens auch zur Anwendung bei den digitalen Bildern auf einem Monitor. Hier brauchen Sie ein
Fotobearbeitungsprogramm, in das sie beide Bilder gleichzeitig laden und dort nebeneinander platzieren können.
Legen Sie entweder beide analogen Bilder vor sich und/oder nähern sich den Bildern auf dem Monitor mit schielenden
Augen. Zwischen dem linken und rechten Bild taucht nach einem kurzen Augenblick ein virtuelles
drittes Bild auf, das Ihnen den gewünschten räumlichen Eindruck gibt. Zum Testen des Schielens
sehen Sie hier ein Beispiel-Foto. Kleiner Trick, um zu schielen: Strecken Sie den rechten (oder linken) Arm mit nach oben
zeigendem Daumen aus. Platzieren Sie den Daumen über die beiden Bilder und sehen ihn scharf an. Jetzt bewegen Sie den Daumen
langsam auf die Augen zu. So ungefähr bei 30 cm sollten Sie unscharf hinter dem Daumen nun ein drittes virtuelles Bild zwischen den beiden Stereo-Bildern bemerken.
Jetzt schielen Sie schon. Konzentrieren Sie sich nun auf dieses virtuelle Bild, bis Sie es scharf sehen. Dann brauchen Sie den Daumen nicht mehr.
(Es dauert etwas, bis sich die Augen daran gewöhnt haben. Nicht aufgeben.)

© 1999 - Dipl.-Ing. Wilfried Wittkowsky

anaglyphe Variationen von Bertrand Klimmek
Buchtip
Leo. H. Bräutigam Stereofotografie mit der Kleinbildkamera
Eine praxisorientierte Einführung
Wittig Fachbuchverlag, 1996, 89 Seiten, ISBN 3-93-035931-6
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EXKURS
3D-Fotos am Computer selbstgemacht
Mit Hilfe geeigneter Software, z.B. 3D-FotoStudio (von www.filkorn.de (da ist zur Zeit leider nichts mehr los auf der Homepage), ca. 20 €) oder StereoPhoto Maker (gibt's auch in Deutsch), können Sie aus entsprechenden Vorlagen Ihre 3D-Fotos selbst zusammen"bauen".
Mit der eben genannten Software z.B. in s/w-3D, Farb-3D oder sogar für Shutterbrillen, die von verschiedenen Grafikkarten unterstützt werden. Wenn Sie Besitzer eines DVD-Laufwerkes in Ihrem Computer sind, können Sie sogar geeignete Szenen aus Spielfilmen in 3D umrechnen lassen. Sie brauchen dafür nur je ein Bild für das linke und das rechte Auge. Das ist aber gar nicht so einfach. Zwischen den beiden Szenen-Bildern darf sich nämlich möglichst nichts bewegen, sonst bekommt man Unschärfen. Mehr dazu weiter unten...
Hier sind einige Beispiele (zum Vergrößern klicken Sie auf das Bild. Zum Ansehen brauchen Sie eine rot/grün- oder rot/blau-Brille.):
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Und wie sieht's im Kino aus?
Der Nachteil des obigen Verfahrens: das 3D-Bild kann immer nur von einer Person gesehen werden.
Dieses Problem tauchte auch bei der Projektion von 3D-Kinofilmen auf. Wenn man das linke und rechte Bild
auf die Leinwand projiziert, sehen die Augen gleichzeitig ein linkes und ein rechtes Bild.
Es dauerte einige Zeit, bis man die Trennung für das Auge beherrschte. Man nutzte hierfür verschiedene
Verfahren.
Am ausgereiftesten, nach mehreren kurzlebigen mechanischen Verfahren, war die farbliche Trennung.
Ein Bild wurde mit einem Grünfilter vor dem Projektor projiziert, das andere mit einem Rotfilter davor.
Dieses Verfahren nennt sich Anaglyphe-Projektion. Man könnte auch ein Blaufilter
und ein Rotfilter nehmen. Wichtig ist hierbei nur, dass es sich um Komplementärfarben
handelt. Wenn der Zuschauer nun eine Brille aufsetzt, die mit den gleichen Farben versehen ist,
löschen sich die gleichen Farben aus, die jeweilige andere wird schwarz. Das Auge mit dem grünen Filter sieht das
grüne Bild nicht mehr, dafür aber das rote Bild schwarz. Das Auge mit dem roten Filter
sieht das grüne Bild schwarz. Jetzt müssen die Bilder auf der Leinwand nur noch
übereinanderprojiziert werden und -voila- das Gehirn hat seine getrennten Bilder wieder
und errechnet den gewünschten dreidimensionalen Effekt.
Die Umsetzung des Verfahrens hatte allerdings seine Tücken. Wenn ein Projektor einmal nicht synchron
mit dem anderen lief, kam der Film aus dem Takt. Das Ergebnis waren gewaltige Kopfschmerzen,
denn das Gehirn konnte bei bestem Willen aus diesem Durcheinander keinen räumlichen Eindruck mehr
erzeugen und streikte. Bei der unvollkommenen Synchron-Technik, mit mechanischen Wellen, kam das leider
öfter vor, sodass viele 3D-Filme nach kurzer Zeit aus den Kinos verschwanden und als
einfache Flach-Filme -in schwarz/weiss- wieder zurückkehrten.
Die Zuschauer wunderten sich bei diesen Filmen dann immer, was das mit diesen auf den Zuschauern zugeworfenen Bällen oder Tomahawks
denn sollte. Sollten Sie so einen Flach-3D-Film mal im Fernsehen sehen (z.B. Das Kabinett des Professor Bondi (House of Wax))
wissen Sie warum: das war einer der Effekte, die eben nur der 3D-Film zeigen konnte.
Besserung trat erst ein, als es gelang, das rot/grüne-Bild auf einem
Filmstreifen unterzubringen. Jetzt waren beide Bilder immer zusammen, selbst wenn der Film mal riss und
wieder zusammengeklebt werden musste. Aber die Zuschauer wurden auch anspruchsvoller. Sie wollten farbige Filme sehen.
Das anaglyphe Verfahren konnte aber nur schwarz/weisse Filme produzieren.
Hier kam nun das Polarisationsverfahren ins Spiel. Polarisationsfolien (der Fotograf kennt sie als Filter)
lassen das Licht nur in einer Wellenrichtung durch. Wenn man zwei Folien um 90 Grad gegeneinander
verdreht, kann man nicht mehr durchsehen, das Bild wird schwarz. AHA! Leider wurden die ersten Farbfilme
in diesem Verfahren wieder auf zwei Filmstreifen ausgeliefert, einer für's linke, einer für's
rechte Auge. Also brauchte man wieder zwei Projektoren, also gab es nach einiger Zeit wieder Kopfschmerzen.
Denn es kam mehr als einmal vor, das einer der Streifen bei der Projektion riss. Danach war es dem Vorführer
fast unmöglich, die beiden Projektoren wieder richtig zusammenlaufen zu lassen. Auch diese Filme wurden dann einfach flach weitergespielt.
Dann waren die zusätzliche Kosten (zu den teureren 3D-Polfilterbrillen kamen auch noch metallisierte Leinwände, die das polarisierte Licht der Projektoren zurückwerfen konnten)
für die Kinobesitzer für die Katz'.
Abhilfe gab es erst, als auch bei diesem Verfahren beide Bilder auf einem Filmstreifen Platz fanden.
Und das war nicht ganz so einfach wie beim anaglyphen Film. Bei dem wurden einfach beide Farben
übereinander auf ein Bild kopiert. Wenn man so einen Film mit bloßen Auge
ansieht, erkennt man nur ein Durcheinander von rot/grünen-Bildern, aus dem erst die 3D-Brille
ein erkennbares Bild machte. Beim Farbfilm konnte man dieses natürlich nicht anwenden.
Das linke und das rechte Bild mussten getrennt erhalten bleiben und so kopierte
man beide Bilder nebeneinander auf einen Filmstreifen. Die meisten Filme haben jedoch kein quadratisches Bild, sondern
ein rechteckiges und für zwei Bilder nebeneinander war einfach der Platz nicht da. Entweder man verkleinerte
die Einzelbilder (mit dem Nachteil der Qualitätsverschlechterung) oder die Bilder wurden
um 90 Grad gedreht oder einfach übereinandergesetzt. Jetzt musste vor den Projektor noch ein "Entdreh-Einheit",
zusätzlich zu den Polarisationsfolien, und man hatte wieder seinen 3D-Eindruck.
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Der Nachteil
Und dann gab es doch einen ganz gewaltigen Nachteil der 3D-Filme: die Zuschauer mussten -egal welches Projektionsverfahren angewendet wurde-
Brillen tragen.
Das sah zwar ganz kurios aus, aber die Filmproduzenten waren der Meinung, dass man das auf die Dauer dem Zuschauer nicht
zumuten könne.
Die ganze 3D-Geschichte kam so richtig ins Rollen anfangs der 1950er-Jahre, als das Fernsehen dem Kino immer mehr Zuschauer abspenstig machte.
3D-Filme konnte das Fernsehen in der schwarz/weiss-Zeit nicht zeigen. Man brauchte ja mindestens rot/grün. Aber dann kam das Farbfernsehen und somit die potentielle
Möglichkeit auch 3D-Filme zu zeigen (auch in Deutschland liefen diese vor einigen Jahren mal wieder im Fernsehen.). Man war also gezwungen, was neues zu erfinden,
dass das Fernsehen nicht konnte. Wie also wäre es, 3D-Filme, die man OHNE Brille sehen kann, zu produzieren? Leider gab (und zur Zeit immer noch: gibt) es
keine Möglichkeit mit vertretbarem Aufwand zwei getrennte Bilder (die man ja unbedingt braucht) gleichzeitig auf eine Kino-Leinwand zu bringen, OHNE das der Zuschauer eine Brille tragen muss.
So wurde mit Linsenraster-Film und -Leinwänden experimentiert. Vergleichbar mit den kleinen 3D-"Ritsche"-Bildern, die einen ganz annehmbaren
Stereoeffekt vermitteln (es gibt sogar eine Kamera der Firma Nimslo, mit der man die selbst herstellen kann). Auf der EXPO 1970 in Osaka wurden im UDSSR-Pavillon einige Demo-Filme gezeigt.
Auch Drahtgitter-Leinwände wurden erprobt. In Moskau wurden schon 1930 einige Filme damit öffentlich vorgeführt.
Eine weitere Möglichkeit wäre der holographische Film, der mit Laserstrahlen arbeitet. Aber ein Verfahren zur Erzeugung von Bildergrössen, wie man
sie im Kino braucht, ist noch sehr weit von der Realität entfernt. Einige Universitäten, auch in Deutschland, sind froh, mal gerade bewegte holographische
Bilder im Pantoffel-Kino-Format zustandegebracht zu haben. Und von mittendrin ist dabei noch gar nicht die Rede, man kann nur reinsehen (nix mit "Holodeck" wie beim Raumschiff Enterprise).
Die Rettung ?
Bereits 1927 (!) machte Professor Henri Chretien die Erfindung der anamorphotischen Linse. Diese Linse konnte ein Bild in der Breite zusammenquetschen. Wenn man sie
um 90 Grad bei der Projektion drehte, zog sie das Bild wieder auseinander. Die Höhe des Bildes blieb jedesmal gleich.
Das ergab also das erste richtige Breitbildverfahren: Cinemascope.
Um Randunschärfen auszugleichen, mussten die Leinwände gebogen werden. Gebogen?
Dann saß der Zuschauer doch quasi im Film. Dann war das doch... na klar, sagten sich die Produzenten,
das ist auch ein 3D-Film, der Zuschauer ist ja mittendrin.
Und so kam es, das der erste Cinemascope-Spielfilm DAS GEWAND (The Robe) beworben wurde als Film, den man OHNE Brille sehen kann.
Das sollte für den Zuschauer bedeuten, dass er es hier mit einem 3D-Film zu tun hatte (die Filmplakatemaler unterstützten das auch kräftig mit
ihren Werken - siehe Bild), aber das war natürlich vollkommen falsch, denn der Cinemascope-Film war abolut flach. Es gab ja nur ein Bild. Und wir wissen ja, für 3D-Film braucht man mindestens...
Literatur
Peter A. Hagemann: Der 3D Film
Verlag Monika Nüchtern, 1980, 142 Seiten
herausgegeben von der Stiftung Deutsche Kinemathek, deutsch
Lenny Lipton Foundations of the Stereoscopic Cinema
Van Nostrand Reinhold Co.Inc, ISBN 0-442-24724-9, 319 Seiten, engl.
Jacobus G. Ferwerda The world of 3-D
The Netherlands Society for Stereo Photography
1982, 306 Seiten, engl.
Takanori Okoshi Three-Dimensional Imaging Techniques
Academic Press, ISBN 0-12-525250-1, 403 Seiten, engl.
David Hutchinson Fantastic 3-D
Starlog Press Inc., ISBN 0-931064-53-8, 1982, 98 Seiten, engl.
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Das Bildmaterial auf dieser Seite stammt zum Teil aus den beiden abgebildeten Büchern.
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